Gehen oder Bleiben?
Wann ist es besser sich zu trennen? Wann lohnt es sich für eine Beziehung zu kämpfen?
Wenn es um unser persönliches Glück geht, ist der wichtigste Faktor Bindung. Nicht Ruhm oder Reichtum, nicht Schönheit oder Brillanz machen uns wahrhaft glücklich, sondern die echte, grundlegende Verbindung von Mensch zu Mensch. Es ist der wichtigste Baustein sozialen Miteinanders – und der herausforderndste, der noch dazu häufig unterschätzt wird.
Moderne Technologien tun uns in dieser Hinsicht keinen Gefallen. Wir sind daran gewöhnt, alles auf einen Klick verfügbar zu haben. Vielleicht bietet ja das nächste Suchergebnis im Netz eine noch bessere Antwort auf unsere Frage. Vielleicht ist das nächste Produkt noch besser als sein Vorgänger. Und zur Not gibt es für die meisten Produkte noch immer eine Geld-zurück-Garantie.
Leider nehmen wir die innere Haltung, die dadurch gefördert wird, allzu oft mit in die Beziehungswelt. Aber potenzielle Partner können wir nicht einfach folgenlos „zurückschicken“.
Bei einer Fülle an Optionen steigt unsere „Wechselwahrscheinlichkeit“. Infolgedessen sinkt unsere Toleranz gegenüber Unvollkommenheit bei anderen, während wir andererseits immer weniger eine Notwendigkeit verspüren, an uns selbst zu arbeiten. Keine befriedigende Kombination.
Und doch weiß ich als erfahrener Beziehungscoach, dass Toleranz in Beziehungen der Schlüssel nicht nur zur dauerhaften Beziehung, sondern auch zum individuellen Glück ist. Aber wie viel Toleranz ist angebracht? Wann wird es zu viel? Und woher weißt du, wann du als „Fußabtreter“ benutzt wirst oder wann ein wenig Leichtigkeit die Situation entschärfen könnte?
Das alte Sprichwort „nobody is perfect“ sollte in Beziehungen im Vordergrund stehen. Dennoch kann es schwierig sein zu erkennen, wann man ruhig ein wenig Arbeit investieren und vielleicht auch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen sollte – und wann die Beziehung toxisch und alle Mühe vergebens ist.
In jeder Beziehung, unabhängig von ihrer Art oder Dauer, hast du drei Möglichkeiten: Gehen, bleiben oder eine Auszeit nehmen. Hier liefere ich dir wichtige Anhaltspunkte, die dir bei dieser Entscheidung helfen können.
Wann du bleiben solltest:
- Du siehst einen Weg, bei dem ihr entweder mit dem Problem/den Problemen umgehen oder gemeinsam an einer für beide Seiten akzeptablen Lösung arbeiten könnt.
- Ihr seid beide bereit, an euch zu arbeiten und gemeinsam zu wachsen. Unterschätze dabei auch nicht, dass deine eigenen Handlungen und dein Wachstum deinen Partner inspirieren und bestenfalls mitziehen können.
Wann Gehen die bessere Option ist:
- Es gibt ein unlösbares Problem, mit dem du nicht leben kannst, zum Beispiel emotionaler Missbrauch, Bindungsangst, Sucht oder Narzissmus. Prüfe jedoch genau, ob es wirklich keine Lösung gibt oder ob es nicht doch einen gemeinsamen Weg geben kann. Persönliche Kämpfe deines Partners müssen kein Beziehungsaus bedeuten, wenn er bereit ist, seine Probleme wirklich zu überwinden.
- Du erkennst, dass das Fundament eurer Beziehung einfach nicht stabil genug ist und quasi nur von einer Sache (toller Sex, finanzielle Sicherheit, Bequemlichkeit etc.) zusammengehalten wird.
Wann du über eine (kurze) Pause nachdenken solltest (diese Option wird oft unterschätzt!):
- Ihr bedeutet einander viel, aber einer von euch oder ihr beide braucht Zeit und Raum für persönliche Weiterentwicklung. Ist absehbar, dass Tage, Wochen oder wenige Monate dafür ausreichen, kann die Pause eine Option sein; dauert diese Phase voraussichtlich Jahre, solltet ihr einen Weg suchen, gemeinsam weiterzumachen.
- Ihr habt erschöpfend über ein Problem diskutiert, ohne dass sich etwas daran geändert hat, aber die Gefühle füreinander und der Glaube an die Beziehung sind noch da. Manchmal kann Distanz dann Klarheit schaffen und motivieren, an einem gemeinsamen Leben zu arbeiten. Sich eine Weile nicht zu sehen, kann alte Gefühle neu beleben – oder ihr stellt fest, dass ihr euch doch nicht so sehr vermisst und guten Gewissens getrennte Wege gehen könnt.
Der Schlüssel zum Glück: Kommunikation
Beziehungen leben und atmen durch Kommunikation – und sterben ohne sie. Kommunikation ist ihr Motor, ihr Sauerstoff. Nicht zu kommunizieren aus Angst, „das Falsche“ zu sagen, ist der sicherste Weg, um eine Beziehung zu zerstören. Unehrlichkeit und Kommunikationsvermeidung können selbst vermeintlich großartigen Beziehungen den Todesstoß versetzen. Und solche, die zwar nicht für die Ewigkeit gemacht sind, aber mit Würde und warmen Gefühlen enden könnten, verwandeln sich in ein Schreckensszenario aus Angst und Groll, wenn die Kommunikation zusammenbricht.
Auch bei der Frage „Gehen oder Bleiben?“ spielt Kommunikation eine zentrale Rolle, unabhängig davon, für welche der oben genannten Optionen du dich entscheidest.
Um besser zu verstehen, wie gute Kommunikation funktioniert, sollte man auch die Anzeichen schlechter Kommunikation kennen:
- Ghosting (plötzliches Verschwinden)
- Vermeidung/Mauern (Weigerung, sich auch nur an einem einfachen Austausch zu beteiligen)
- Unehrlichkeit/Halbwahrheiten (erschweren das Vertrauen)
- Breadcrumbing (gerade genug Kommunikation, um den anderen bei der Stange zu halten)
- Heiß-Kalt-Verhalten (Inkonsequenz, emotionale Achterbahnfahrt)
- Leere Worte ohne entsprechende Taten (verringert die Glaubwürdigkeit)
- Orbiting (in sozialen Medien in Verbindung bleiben, vielleicht „liken“ oder sogar kommentieren, aber sich niemals wirklich auf etwas einlassen)
Gespräche auf Augenhöhe – echte, ehrliche, verletzliche Kommunikation von Angesicht zu Angesicht (wenn möglich) – erfordern Mut. Vermeidest du diese Gespräche, weil du Angst hast? Oder weil du weißt, dass die andere Person mit der Wahrheit nicht umgehen kann und sie ihr ernsthaft schaden würde? Meist ist es Ersteres.
Es ist oft verlockend, sich bei einer Herausforderung in der Beziehung hinter Ängsten zu verstecken und sein Heil in der Flucht zu suchen. Schließlich könnte es Partner geben, mit denen es einfacher wäre. Die Gefahr besteht allerdings darin, dass wir uns in jeder Beziehung so verhalten, wenn es schwierig wird. Dieses Muster können wir nur durchbrechen, wenn wir den Mut aufbringen, auch einmal unbequeme Wege zu gehen.
Der Weg nach vorne
Nimm nun deinen Mut zusammen und frage dich ganz ehrlich, welche der drei genannten Optionen die beste für deine aktuelle Beziehung ist. Für welchen Weg auch immer du dich entscheidest: Kommuniziere ehrlich mit deinem Partner darüber. Das Leben ist zu kurz für schlechte Kommunikation.
Wenn du dir gerade unsicher bist, ob und wie deine Beziehung weitergehen kann, kannst du dich auch gern an mich wenden. In einem kostenlosen Erstgespräch können wir gemeinsam schauen, wie ich dir helfen kann. Als Beziehungscoach für Frauen habe ich schon viele Klientinnen bei ihrer Entscheidungsfindung begleitet und unterstützt.
Solltest du dich für eine Trennung entscheiden, stehe ich dir auf Wunsch auch während der Trennungsphase und bei der anschließenden Verarbeitung zur Seite.