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Klare Grenzen sind gesund

Wann hast du „Ja“ gesagt, als du „Nein“ sagen wolltest?

Wir alle haben unsere persönlichen Grenzen, aber vielen Menschen fällt es schwer, diese auch zu kommunizieren und durchzusetzen. Oft spielt die Angst vor Ablehnung oder Konflikten dabei eine Rolle. In Wahrheit helfen klare Grenzen uns jedoch, Beziehungen zu verbessern und zu bewahren – denn ständige Grenzüberschreitungen zerstören eine Beziehung über kurz oder lang.

Gesunde Grenzen sind außerdem der Schlüssel zu deiner geistigen und emotionalen Gesundheit. Allerdings ist es nicht immer leicht, diese Grenzen in Beziehungen zu definieren, da sie relativ abstrakt sind und sich im Laufe der Zeit verändern können. Wie erkennen wir also unsere persönlichen Limits? Und was noch wichtiger ist: Wie können wir in unserem Leben gesunde Grenzen setzen und aufrechterhalten?

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Was sind persönliche Grenzen?

Ganz allgemein gesprochen zeigen Grenzen, wo das Eine endet und das Andere beginnt. In der physischen Welt ist das bei Grundstücks- oder Staatsgrenzen leicht erkennbar. Auf der Beziehungsebene ist es dagegen komplexer, da die persönlichen Grenzen des Einzelnen sehr unterschiedlich aussehen können. Außerdem müssen sie klar kommuniziert werden, denn sie liegen in vielen Fällen keinesfalls auf der Hand.

Deine Grenzen haben sehr viel mit deiner emotionalen, psychischen und physischen Belastbarkeit zu tun. Gesunde Grenzen zu setzen bedeutet also auch, deine mentale und emotionale Gesundheit zu schützen und dich vor Erschöpfung und Stress zu bewahren. Sie funktionieren wie Regeln in zwischenmenschlichen Beziehungen und bestimmen, was du bereit bist zu tolerieren und was nicht. Werden unsere Grenzen überschritten, kann das für unser Wohlbefinden gravierende Folgen haben.

Was sind ungesunde Grenzen?

Ungesunde Grenzen sind in vielen Fällen gleichbedeutend mit fehlenden Grenzen. Fühlst du dich von den Wünschen und Bedürfnissen anderer Menschen überfordert oder hast den Eindruck, dass deine Gutmütigkeit und deine Zeit ausgenutzt werden, sind diese fehlenden Grenzen meist der Grund dafür.

Ob du Schwierigkeiten hast, gesunde Grenzen zu setzen, erkennst du oft daran, dass es dir schwerfällt, Nein zu sagen. Vielleicht stellst du auch Bedürfnisse und Wünsche anderer Personen immer über deine eigenen, übernimmst Verantwortung, die eigentlich nicht deine ist und nimmst dir die Probleme deines Umfelds sehr zu Herzen. Am Ende fühlst du dich durch all deine tatsächlichen und selbst aufgebürdeten Verpflichtungen erschöpft und ausgebrannt.

Trifft diese Beschreibung auf dich zu, ist es an der Zeit, gesunde Grenzen zu setzen. Dies kann anfangs eine schwierige Umstellung sein, denn wer immer Ja gesagt hat, dem geht ein Nein nicht leicht über die Lippen. Und nicht immer wird dein Gegenüber bereit sein, sich mit sich mit diesem neuen Nein kommentarlos abzufinden.

Halte dir jedoch immer vor Augen, dass Grenzen für dich wichtig sind, um dich selbst zu schützen. Mache dir bewusst, dass du dich beim Setzen von Grenzen vielleicht für kurze Zeit schuldig fühlst – die Alternative aber wäre, dass du dich für lange Zeit erschöpft fühlen könntest und möglicherweise sogar einen Groll gegen die Person hegst, die diese Grenzüberschreitung von dir verlangt hat. Und das wiederum ist belastend für eure Beziehung.

Neue Wege entstehen beim gehen.

Nein sagen: Wie du lernst, Grenzen zu setzen

Wie also setzt du nun gesunde Grenzen? Die folgenden fünf Schritte helfen dir dabei, diese wichtige Fähigkeit zu lernen. Du bewahrst damit die Macht über deine Entscheidungen, deine Zeit und deine Emotionen und pflegst letztlich sowohl dich selbst als auch deine Beziehungen.

1. Werde dir deiner Grenzen bewusst

Der erste Schritt besteht logischerweise darin, deine eigenen Grenzen zu erkennen. Viele Menschen wissen nämlich oft erst im Nachhinein, dass eine Grenze überschritten wurde. Die Linie zwischen „das schaffe ich“ und „das ist zu viel“ ist manchmal hauchdünn. Wenn wir sie aber nicht erkennen, können wir sie auch nicht kommunizieren und geraten so immer wieder in die Falle, über unsere eigenen Grenzen hinauszugehen.

Der Schlüssel für das Erkennen deiner Limits besteht darin, auf dein Bauchgefühl zu hören. Es sagt dir meist ziemlich deutlich, ob du die Zeit und Energie hast, dich auf etwas einzulassen oder ob du besser Nein sagen solltest. Viele von uns ignorieren dieses Gefühl jedoch häufig, weil sie darauf geprägt sind, die Erwartungen anderer Menschen zu erfüllen.

Wenn du dir deiner Grenzen nicht bewusst bist, kann es helfen, dir vergangene Situationen vor Augen zu führen, in denen sie überschritten wurden. Je intensiver du dich damit auseinandersetzt, desto besser wirst du in Zukunft vorher erkennen können, wo deine rote Linie ist. Frage dich auch selbst: In welchen Aspekten meines Lebens fühle ich mich überfordert? Was laugt mich aus? Welche Verpflichtungen erschöpfen mich? Und was verursacht unnötigen Stress, Unbehagen oder Ärger?

2. Kommuniziere deine Grenzen klar

Sobald du deine Grenzen erkannt und definiert hast, wird es Zeit, sie selbstbewusst nach außen zu kommunizieren. Viele Menschen nehmen erst einmal an, andere würden ihre Grenzen schon automatisch erkennen. Das ist leider in der Regel ein Trugschluss. Wenn du nicht sagst, wo deine Grenze ist, woher sollen andere dann wissen, dass sie sie überschreiten?

Die Kommunikation deiner Bedürfnisse und Grenzen ist ein wichtiger Schritt, deinen persönlichen Raum und deine emotionale Energie zu bewahren. Wenn du bisher meistens Ja gesagt hast, kann es sich jedoch anfangs unangenehm, egoistisch oder unhöflich anfühlen, jetzt auf deinen Grenzen zu bestehen. Das ist aber unabdingbar, um dich selbst zu schützen.

Du musst deine Grenzen dabei auch nicht mit „aggressivem Auftreten“ verteidigen. Man kann auch auf freundliche Weise an seinen Grenzen festhalten und diese selbstbewusst und unmissverständlich kommunizieren. Wähle also den Weg, der sich für dich richtig anfühlt. Oft haben unsere Mitmenschen sogar mehr Verständnis, als wir befürchten, und wenn wir ein bisschen geübt haben, wird es uns mit der Zeit immer leichter zu fallen, Grenzen zu setzen. Das gilt nicht nur in der Partnerschaft, sondern auch im Berufsleben und im Umgang mit Freunden und Familie.

Manchmal kann es zudem ratsam sein, jemanden von Beginn an über eine Grenze zu informieren, besonders, wenn es dabei um zeitliche Beschränkungen geht. Ruft zum Beispiel ein Freund an oder du bist irgendwo eingeladen, sag ruhig direkt, dass du zu einer bestimmten Zeit auflegen musst, um einen anderen Termin wahrzunehmen oder dass du nicht so lang bleiben kannst bzw. später kommst. Die meisten Menschen können mit dieser klaren Kommunikation wesentlich besser umgehen, als wenn du plötzlich wegmusst oder unangekündigt eine Stunde Verspätung hast.

3. Übe, was du sagen möchtest

Gerade, wenn wir erst lernen müssen, Grenzen zu setzen und zu kommunizieren, kann uns das sehr schwerfallen. Dann hilft es, dir im Vorfeld zurechtzulegen, was du sagen möchtest und es ein paar Mal zu üben. Das geht natürlich nicht, wenn wir spontane Grenzüberschreitungen verhindern oder unerwartete Bitten ablehnen müssen. Für viele von uns gibt es aber vorhersehbare oder gar wiederkehrende Situationen, in denen wir uns unter Druck gesetzt fühlen und die uns überfordern. Wenn wir uns auf diese Situationen vorbereiten und eine Ablehnung üben, wird es uns leichter fallen, diese im Ernstfall auch tatsächlich auszusprechen.

Wenn es dir schwerfällt, Nein zu sagen, ist es oft auch hilfreich, eine Alternative vorzuschlagen, die deinem Gegenüber hilft, ohne dich selbst zu überfordern. So könntest du zum Beispiel sagen: „Ich kann am Tag deines Geburtstags leider nicht kommen, aber ich könnte am Wochenende darauf mit dir essen gehen.“

Werden wir unerwartet um etwas gebeten, fällt es uns oft schwerer zu entscheiden, ob wir dieser Bitte nachkommen können oder nicht. Viele Menschen sagen dann oft spontan zu und bereuen es anschließend. Besser wäre es, dir Bedenkzeit zu erbitten. Halte dich dann aber auch daran und gib dem Gegenüber Bescheid, ob du ihm helfen kannst oder nicht.

4. Vermeide Entschuldigungen oder Rechtfertigungen

In dem Bemühen, höflich zu sein, neigen manche Menschen dazu, sich zu entschuldigen oder sich für eine gesetzte Grenze zu rechtfertigen. Aber Nein zu sagen ist nicht unhöflich – höchstens das Wie – und erfordert auch keine ausgiebigen Erklärungen. Jeder Mensch hat das Recht dazu, sich selbst vor Überforderung und unangenehmen Gefühlen zu schützen.

Achte darauf, ob du zu diesen Menschen gehörst, und frage dich, warum du den Drang nach Entschuldigungen und Rechtfertigungen verspürst. Hast du Schuldgefühle? Vielleicht sogar speziell diesem einen Menschen gegenüber? Hast du Angst, Erwartungen zu enttäuschen? Was bedeutet es für dich, eine Grenze zu setzen?

Auch in solchen Fällen kann es sehr hilfreich sein, die Kommunikation deiner Grenze ein paar Mal zu üben und darauf zu achten, ihr keine Rechtfertigung und Entschuldigungen anzufügen. Je öfter du es übst, desto besser kannst du deinen Rechtfertigungsdrang unter Kontrolle bekommen.

5. Sei konsequent mit deinen Grenzen

Du wirst wahrscheinlich immer mal wieder Menschen begegnen, die dein Nein nicht akzeptieren wollen. Bleibe jedoch standhaft und bei deiner Entscheidung.

Bereite dich also darauf vor, auf Ablehnung zu stoßen, besonders, wenn du jemandem zum ersten Mal eine Grenze aufzeigst. Erkenne die Enttäuschung deines Gegenübers ruhig an. Auch sie hat ihre Berechtigung. Du könntest zum Beispiel sagen: „Ich weiß, dass du enttäuscht bist, dass ich nicht zu deiner Geburtstagsparty kommen kann, aber ich schaffe es leider einfach nicht.“ Je konsequenter du mit deinen Grenzen umgehst, desto wahrscheinlicher werden sie auch respektiert.

Wahrscheinlich hast du schon ein Gefühl dafür, wer sich damit schwertun wird, wenn du anfängst, Grenzen zu setzen. Bereite dich darauf vor und halte ein paar passende Antwortmöglichkeiten bereit. Bedenkzeit und Alternativvorschläge sind dabei genauso legitim wie ein kategorisches Nein.

Grenzen setzen: Eine Frage der Übung

Gerade, wenn du bisher eher selten Grenzen gesetzt hast, kann es dir anfangs schwerfallen. Aber wie bei allem anderen macht auch dabei Übung den Meister. Du musst ja auch nicht alles rundheraus ablehnen, nur weil du vorher vielleicht immer Ja gesagt hast. Höre auf dich und deinen Bauch und schütze dich selbst!

Tust du dich sehr schwer damit, Nein zu sagen oder deine Grenzen überhaupt klar zu erkennen, kannst du mir auch gern schreiben. In einem kostenlosen Erstgespräch können wir darüber sprechen, wie ich dich unterstützen kann. Denn zu einem selbstbestimmten, erfüllenden Leben gehört immer auch dein Selbstschutz.