junge frau in ketten

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Verbaler Missbrauch

Wie du verbalen Missbrauch erkennst und beendest

Viele Menschen, die verbalen Missbrauch erfahren haben, stellen sich die Frage, warum sie erst so spät begriffen haben, was mit ihnen geschieht. Daraus entstehen oft Selbstzweifel und Schuldgefühle. Für Betroffene ist das, zusätzlich zu der Missbrauchserfahrung, eine weitere Belastung.

Dabei ist es egal, in welcher Art von Beziehung der verbale Missbrauch stattgefunden hat: ob durch Eltern, Geschwister, Ehepartner, Liebhaber, Freunde, Kollegen oder Vorgesetzte. Die Frage bleibt immer dieselbe.

Verbaler Missbrauch durch die Eltern

Besonders Menschen, deren eigene Eltern sie mit Worten gequält haben, brauchen oft lange, um zu verstehen, dass es sich dabei um verbalen Missbrauch handelte. Für sie ist das Verhalten der Eltern normal. Erst, wenn sie andere Arten des Umgangs miteinander kennenlernen, dämmert ihnen, was wirklich passiert ist.

Oft entschuldigen Kinder das Verhalten ihrer Eltern noch lange, selbst wenn sie es als falsch erkannt haben. Viele Betroffene sind überzeugt, die Eltern hätten nicht aus Bosheit so gehandelt. Sie befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen schmerzhafter Erkenntnis und dem Wunsch nach einer liebevollen, freundlichen Beziehung. 

Sie neigen dann zu Rationalisierung oder Verleugnung, um die Hoffnung nicht aufgeben zu müssen, die Eltern hätten eben doch nichts Böses gewollt. Dadurch wird jedoch die volle Erkenntnis verlangsamt und die Heilung erschwert.

Verbaler Missbrauch in der Partnerschaft Beziehungen

Leider neigen ausgerechnet die Menschen, die in der Kindheit von verbalem Missbrauch betroffen waren, dazu, sich auch als Erwachsene verbal missbrauchende Partner zu suchen. Sie empfinden dieses toxische Verhalten häufig noch immer als „normal“ und nehmen ihren Partner anderen Menschen gegenüber in Schutz, wie sie es früher mit ihren Eltern getan haben.

Allerdings sind auch Menschen mit intaktem Elternhaus und gesundem Umgang während des Heranwachsens nicht davor gefeit, in eine Beziehung zu geraten, in der sie verbal missbraucht werden.

Wer andere Menschen systematisch beschimpft, beleidigt, kritisiert oder anderweitig verbal attackiert, versucht letztlich, sein Gegenüber zu kontrollieren. Es geht dabei um ein Machtungleichgewicht: Der emotionale Erpresser will die Oberhand über sein Opfer behalten, es sich gefügig machen.

In einer Beziehung auf Augenhöhe kommt es dagegen normalerweise nicht zu verbalem Missbrauch. Natürlich können auch hier die Emotionen einmal hochkochen und unschöne Bezeichnungen durch den Raum fliegen. Begegnen sich beide Partner jedoch mit grundsätzlichem Respekt, sprechen sie sich nach solchen Ausbrüchen aus, entschuldigen und versöhnen sich.

Setzt der eine Part seine verbalen Angriffe jedoch gezielt und wiederholt ein, ist von Versöhnung oder Entschuldigungen oft keine Rede – es sei denn, es dient seinen Zwecken.

Wie entsteht ein solches Machtungleichgewicht?

Ein Machtungleichgewicht in einer Beziehung kann sowohl durch materielle als auch durch emotionale Quellen entstehen. 

Ein Klischee wäre etwa die Ehefrau des vermögenden Mannes, die kein eigenes Einkommen hat und trotz des verbalen Missbrauchs bei ihm bleibt, weil ihr sonst der Verlust finanzieller Sicherheit droht, vielleicht auch ihres gesellschaftlichen Status.

Auf der emotionalen Seite können beispielsweise Unsicherheit und Verlustängste zu einem Machtungleichgewicht führen: Wer panische Angst davor hat, verlassen zu werden, ist oft bereit, mehr zu geben oder in Kauf zu nehmen als jemand, der den Verlust nicht fürchtet.

Im Allgemeinen neigen Menschen dazu, in altvertrauten Situationen zu bleiben, denn das Unbekannte birgt immer ein Risiko. Und genau dieses Verhalten führt dazu, dass Opfer von verbalem (oder auch psychischem/physischem) Missbrauch oft länger bei ihrem Peiniger bleiben, als sie selbst im Nachhinein für möglich gehalten hätten.

Kommen dazu noch (gemeinsame) Kinder ins Spiel, fällt eine Veränderung vielen Betroffenen noch schwerer.

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Wie verbaler Missbrauch funktioniert

Sowohl Betroffene als auch Außenstehende sind oft erschrocken, wie lang eine Missbrauchsbeziehung dauern kann. Dann kommt die eingangs angesprochene Frage: Warum bist du nicht früher gegangen?

Hier sind drei Antworten auf diese Frage:

1. Der Peiniger kennt sein Opfer genau

Wie wir gesehen haben, geht es bei verbalem Missbrauch immer um Kontrolle. Damit er die Oberhand behalten kann, muss der Täter sein Opfer ganz genau kennen. 

Er kennt deine Schwächen und deine größten Ängste. Das gibt ihm die Möglichkeit, diese Knöpfe bei Bedarf zu drücken.

Neigst du zu Selbstvorwürfen oder Schuldgefühlen, wird er auch dies nutzen und dir immer das Gefühl geben, es wäre deine Schuld, dass er dich verbal missbraucht. Dann fallen Sätze wie: „Wenn du dich nicht dauernd beschweren würdest, müsste ich mich nicht wehren“ oder „Wenn du so unglücklich bist, warum gehst du nicht einfach?“

Wagst du es doch einmal, dich über seine verletzenden Worte zu beschweren, wird er dir vorwerfen, „zu empfindlich“ zu sein – und leider glauben viele Opfer das.

2. Der Täter kann sein Verhalten gezielt anpassen

Wer verbalen Missbrauch begeht, ist in der Lage, die Reaktionen seines Opfers gut zu lesen und einzuschätzen. Sollte eine seiner Manipulationstechniken einmal fehlschlagen, wird er sich schnell einer anderen zuwenden – oder ganz darauf verzichten.

Gerade diese plötzliche Unterbrechung des verbalen Missbrauchs wirkt wie Klebstoff auf die Opfer. Ist er also mit einem Mal ungewohnt freundlich, zuvorkommend, vielleicht sogar charmant, dann ist auch dies letztlich Teil seiner Taktik. 

Denn solche Phasen lassen dich glauben, dass vielleicht doch alles gar nicht so schlimm ist. Dass dein Peiniger im Grunde seines Herzens ein netter Mensch sei, der manchmal einfach nicht aus seiner Haut könne und ausfallend werde. Und dass er vielleicht doch Recht hat und du einfach nur empfindlich bist.

Und gerade diese Zweifel an deiner eigenen Einschätzung, an deinem Bauchgefühl, binden dich noch fester an den Menschen, der dich immer wieder verbal attackiert.

3. Der Täter weiß, dass du nicht bereit bist, zu gehen

Wer verbalen Missbrauch betreibt, möchte damit nicht aufhören. Schließlich gibt ihm die Kontrolle über sein Opfer ein Gefühl von Macht, und das genießt er.

Damit dieser Machtrausch anhalten kann, muss er aber genau wissen, wann er aufhören muss. Er möchte nicht, dass du gehst, denn dann könnte er dich nicht länger kontrollieren. Aber solange er weiß, dass du bleibst, wird er deine Gefühle wieder und wieder mit Füßen treten. Und dich durch wechselnde Phasen des Missbrauchs und der Zuwendung immer fester an sich ketten.

Verbaler Missbrauch ist kein Zufall, sondern Plan

Verbaler Missbrauch ist kein Zufall, kein „nicht anders können“. Es ist gezieltes Verhalten mit starkem Motiv – Kontrolle und Macht über einen anderen Menschen.

Das ist wichtig zu verstehen, wenn man diese traumatische Erfahrung macht. Während beleidigende Kommentare auch in einem Wutausbruch vorkommen können, ist verbaler Missbrauch ein beständiges, sich wiederholendes Muster, keine spontane Reaktion. 

Auch wenn Betroffene das Verhalten ihres Peinigers oft normalisieren oder gar entschuldigen – besonders oft tun das diejenigen, die mit verbalem Missbrauch aufgewachsen sind –, ist es wichtig, zu erkennen, was wirklich passiert. Nicht nur die Tat selbst, sondern auch das Motiv der Machtausübung.

Du bist dir unsicher, ob dein Partner dich verbal missbraucht? Oder hast du in der Vergangenheit verbalen Missbrauch erfahren, die Erfahrung jedoch nie aufgearbeitet? Schreib mir und wir schauen in einem kostenlosen und unverbindlichen Erstgespräch, was ich für dich tun kann!